Dritter EMG-Stratosphärenflug

Bergungsmission im emotionalen Wechselbad

Bergung nach emotionaler Achterbahnfahrt: Michael Schröder wird in Kesseling fündig

Noch haben wir keinen Kontakt zu unserer Sonde. Dennoch machen wir uns mit zwei Lehrkräften und Severin aus der Technik-AG auf den Weg, um die wertvolle Fracht des dritten EMG-Stratosphärenflugs zu bergen. Die grobe Richtung kennen wir: Der Algorithmus einer spezialisierten Website prognostiziert die Landung in der Nähe von Rheinbach. Severin hat das schuleigene Kameraequipment dabei. Er hat dem Team von der WDR-Lokalzeit, das morgens beim Start das Material für einen Beitrag produziert hat, versprochen, noch ein paar Bilder von der Bergung zu übermitteln. 

Wie bei den Vorgängerprojekten haben wir die Styroporbox wieder mit einem GPS-Tracker ausgestattet. In dem Gerät steckt eine SIM-Karte, die einen eingehenden Anruf mit einer SMS beantwortet, in der normalerweise die Geodaten aus einer GPS-Ortung hinterlegt sind.

Schon kurz nach der Hürther Ortsausfahrt ist der Handy-Kontakt hergestellt. Die Sonde ist also gelandet und im Mobilnetz registriert. Dann kommt der erste Schock: In der SMS fehlen jegliche Geodaten. lat:        lon:       bat: F, signal: L. Heißt so viel wie: Volle Batterie, aber kein GPS-Signal. Dort wo normalerweise Längen- und Breitengrad zu finden sind, herrscht gähnende Leere.

„Die Daten werden schon kommen. Wir versuchen es gleich noch einmal.“ Michael Schröders Optimismus ist immer wieder ansteckend. Doch auch die folgenden etwa 35 Anrufe auf dem Tracker werden auf die gleich desillusionierende Weise beantwortet. Das Gerät beharrt darauf, keinen Kontakt zum Satelliten herstellen zu können. Irgendetwas geht immer schief.

Unserer Hauptsorge galt eigentlich immer dem Mobilnetz. Aber mit dem Verlust unserer wertvollen Geräte und des noch wertvolleren Bild- und Datenmaterials aufgrund einer fehlgeschlagenen GPS-Ortung haben wir nicht gerechnet. Ich rufe bei Silas Schwab, dem WDR-Autoren, an. Das eisige Schweigen am anderen Ende verrät mir, dass der junge Fernsehjournalist nicht minder enttäuscht ist. Der TV-Beitrag in der WDR-Lokalzeit über unser Projekt hätte sein persönlich erster sein sollen.

Zerknirscht treten wir die Heimreise an. Glücklicherweise hat uns die Flugprognose "nur" bis in die Gegend von Rheinbach geschickt. Eine gute halbe Stunde später ereilt uns dann die nächste dramatische Wendung wieder in der Nähe der Hürther Stadtgrenze. Schröders Handy vermeldet lautstark den Eingang einer SMS. Und tatsächlich: lat: 50.470585 lon: 007.037200. Die Daten sind da. Sie führen uns durchs Ahrtal in die Nähe der kleinen Ortschaft Kesseling. Schröder wendet noch auf der Bundesstraße.

Jetzt krieg i Gänsehaut

Ich greife zum Telefon. Der erste Anruf gilt Severins Eltern. Es wird später. Danach melde ich mich bei Silas Schwab. Der stammt tatsächlich aus dem Schwabenland, was seiner Sprache unschwer anzuhören ist. „Jetzt krieg i Gänsehaut“, gesteht er, nachdem ich ihm gut gelaunt von den jüngsten Entwicklungen berichtet habe.

Diesmal dauert die Fahrt über 50 Minuten. Die Verwüstungen im Ahrtal sind nach wie vor beklemmend, doch unsere Gedanken sind woanders. Das Navigationssystem schickt uns aus Kesseling heraus auf einen Waldweg. Gut, dass Schröders Kleinwagen mit einem Vierradantrieb ausgestattet ist. Und gut, dass Schröder ein entspanntes Verhältnis zu seinem Gefährt hat.

Die holprige Fahrt führt uns letztlich an ein Kahlschlaggebiet am Waldrand heran. Trockenheit und/oder Borkenkäfer dürften hier am Werk gewesen sein. Für uns ist dies hier von Vorteil. Denn auf diese Weise haben wir keine Probleme, unsere Styroporbox zu finden. Die Sonde ist fast unbeschädigt. Die Technik und der ukrainische Astronaut sind offenbar wohlauf. Ein Großteil der Spannung fällt ab. Doch noch wissen wir nicht, was sich auf den beiden Speicherkarten der Raspberrys befindet.

Gregor Evers

Fortsetzung folgt …

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