Opernkritik zum Besuch von Georges Bizets "Carmen"

Grandiose Musik - meisterhafte Kostüme

Bleibender Eindruck: Der Besuch von Bizets "Carmen" in der Kölner Oper fasziniert nicht nur Benjamin
Musik

Das Opernorchester (Gürzenich Orchester Köln), die Chöre und die Solisten unter der Leitung von Alfred Eschwe waren wie erwartet grandios. Eine Arie live gesungen zu hören, klingt nochmal um ein Vieles besser als aus Boxen. Nur fand ich Carmen (Jelena Kordić) bei ihrer Arie ein wenig zu leise, sodass ich sie an manchen Stellen nur so halb gehört habe. Sonst fand ich die Balance zwischen Orchester und Solisten bzw. Chören sehr gut.

Ich persönlich konnte gewisse Teile der Oper, wie z.B. die Arie von Carmen schon am Rezitativ davor erkennen. Andere Stücke, wie die Arie von Escamillo, konnte ich erst mit den ersten Tönen identifizieren. Carmen singt in ihrer Arie alles von Sopran bis Alt und im Rezitativ am Ende der Arie Escamillos singt sie einen eindeutigen Sopran zusammen mit Escamillo (Insik Choi), welcher Bass singt.

Aufgefallen ist mir, dass regelmäßig die Todesmusik aus der Ouvertüre angespielt wurde, wenn Carmen und Don José sprachen, als Hinweis darauf, dass diese Liebe kein gutes Ende finden wird.

Das Orchester hatte alles, was ein gutes Sinfonieorchester ausmacht. Von Blech- und Holzbläsern über Streicher bis zu den Pauken und Becken.

Inszenierung

Die Inszenierung von Lydia Steier war anders, als von mir erwartet. Sie war sehr modern, aber das Bühnenbild war perfekt auf diese Inszenierung abgestimmt. Alles konnte einfach so rein- und rausgeschoben werden und so war das Bühnenbild in ständiger Bewegung. Es passte zum Beispiel perfekt, dass die Theken der Metzgerei für das Duett zwischen Don José (Martin Muehle) und Micaëla (Kathrin Zukowski) plötzlich zu Podesten für die Solisten wurden. Zudem konnte das Bühnenbild in Blitzesschnelle komplett umgebaut werden.

Die Kostümwahl und auch die Umsetzung der Kostümbildner waren meisterhaft. Jedes Kostüm passte perfekt zum Charakter der Figur innerhalb dieser Inszenierung. Natürlich kommt es einem seltsam vor, wenn Carmen kein hübsches Kleid und Don José nur ein Unterhemd trägt aber in der Inszenierung von Lydia Steier würde ein hübsches Flamenco Kleid nicht den Charakter Carmens widerspiegeln. Das Einzige, was mich bei der Schauspielerwahl irritiert hat, ist, dass sich Lydia Steier für einen Koreaner als Escamillo entschieden hat. Denn wenn ich an einen Torero aus Spanien denke, sehe ich da eher keinen Koreaner.  

Die Beleuchtungstechnik hat mir sehr gut gefallen. Sie hat mich von der ersten Szene an einfach begeistert. Als z.B. in der ersten Szene der „Stier“ auf die Bühne trat und die Hintertür aufging, sah es aus als würde ein blasser Lichtstrahl das Ende eines langsam vergehenden Sonnenlichts sein.

Doch aus manchen Szenen der Oper bin ich nicht schlau geworden. Ich habe beispielsweise nicht verstanden, warum in Lydia Steiers Inszenierung die Zigarettenfabrik durch eine Metzgerei ausgetauscht wurde. Oder warum sich in einer Szene im kompletten Chaos plötzlich manche Schauspieler ausziehen mussten. Zudem rutschte die Oper immer wieder in eine Art zweite Dimension, in welcher Carmen meistens allein oder mit dem „Stier“ im Kreis lief.

Und zum Ende der Oper wurde es dann ja komplett surreal, indem statt einem Stierkampf plötzlich ein Karnevalszug stattfand, in welchen unter anderem Jesus, ein Alien und der Ku Klux Clan vorkamen. Ich habe nicht ganz nachvollziehen können, warum sich Lydia Steier für so ein Ende entschieden hat.

Schlussfazit

Alles in allem war dieser, für mich und viele andere sicher auch, erste Opernbesuch eine Erfahrung, die man mal gemacht haben sollte. Ob das dann jedermanns Geschmack genau getroffen hat, ist eine andere Frage. Ich persönlich bin jetzt nicht so der größte Opern Fan, aber trotzdem war es ein lehrreicher Abend. Ich freue mich schon umso mehr auf die Philharmonie in Berlin.

Benjamin Lüpkes (Klasse 9d)

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